Ágnes Keleti

Ágnes Keleti
Medaillenspiegel

Kunstturnerin

Ungarn 1949 Ungarn
Olympische Spiele
Gold 1952 Helsinki Bodenturnen
Silber 1952 Helsinki Mannschaftswertung
Bronze 1952 Helsinki Stufenbarren
Bronze 1952 Helsinki Gruppengymnastik
Gold 1956 Melbourne Bodenturnen
Gold 1956 Melbourne Stufenbarren
Gold 1956 Melbourne Schwebebalken
Gold 1956 Melbourne Gruppengymnastik
Silber 1956 Melbourne Mehrkampf
Silber 1956 Melbourne Mannschaftswertung
Weltmeisterschaften
Gold 1954 Rom Stufenbarren
Silber 1954 Rom Mannschaftswertung
Bronze 1954 Rom Schwebebalken

Ágnes Keleti (* 9. Januar 1921 in Budapest) ist eine ehemalige ungarische Kunstturnerin. Mit fünf olympischen Goldmedaillen gehört sie zu den erfolgreichsten Athletinnen überhaupt.

Leben

Die Tochter jüdischer Eltern begann im Alter von vier Jahren mit dem Kunstturnen. Mit sechzehn Jahren gewann sie den ersten ihrer insgesamt zehn ungarischen Meistertitel. 1940 hätte sie an den Olympischen Spielen in Helsinki teilnehmen sollen, die aber kriegsbedingt ausfielen, stattdessen wurde sie als Jüdin aus ihrem Turnverein ausgeschlossen. Den Zweiten Weltkrieg überlebte sie als Dienstmagd getarnt in einem ungarischen Dorf. Als die Rote Armee heranrückte, ging sie zurück nach Budapest und arbeitete dort in einer Munitionsfabrik. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet, ihre Mutter und ihre Schwester überlebten in einem schwedischen Haus mit Papieren der Organisation von Raoul Wallenberg.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Keleti wieder mit dem Turnen, verpasste aber die Olympischen Spiele 1948 wegen einer Verletzung. Vier Jahre später nahm sie mit 31 Jahren an den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki teil. In der Mannschaftswertung belegten die Ungarinnen den zweiten Platz hinter der Mannschaft aus der Sowjetunion. Ágnes Keleti belegte in der Mehrkampfwertung den sechsten Platz und war damit hinter der Drittplatzierten Margit Korondi zweitbeste Turnerin ihrer Mannschaft. An den Einzelgeräten belegte sie Platz 4 am Schwebebalken, Platz 3 am Stufenbarren und gewann Gold im Bodenturnen. Im Pferdsprung wurde sie 41. und verpasste dadurch eine bessere Platzierung in der Mehrkampfwertung. In der Gruppengymnastik gewann Keleti mit der ungarischen Mannschaft hinter den Schwedinnen und der sowjetischen Mannschaft Bronze.

Ende Oktober 1956 fand der ungarische Volksaufstand statt. Das ungarische Team bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne wurde immer dann besonders von Exil-Ungarn gefeiert, wenn es im direkten Duell mit der Mannschaft der Sowjetunion antrat. Genau in dieser Rolle befand sich auch Ágnes Keleti mit der ungarischen Mannschaft. Mit 1,3 Punkten Rückstand gewann die ungarische Mannschaft Silber. In den Gerätefinals gewann Keleti am Stufenbarren und am Schwebebalken. Am Boden gewann sie gemeinsam mit der Russin Larissa Latynina Gold. Im Pferdsprung, ihrer schwächsten Disziplin, kam sie als 23. in die Wertung mit 0,7 Punkten Rückstand auf Latynina, die damit auch die Mehrkampfwertung gewann, mit 0,3 Punkten Vorsprung auf Keleti. Zum Abschluss der Wettbewerbe gewann die ungarische Mannschaft noch die Gruppengymnastik vor den Schwedinnen. Mit dem Ende der Olympiade beendete sie ihre Turnkarriere.[1]

Nach den Olympischen Spielen kehrte Keleti nicht nach Ungarn zurück, sondern beantragte politisches Asyl in Australien. Nachdem auch ihrer Mutter und ihrer Schwester die Ausreise aus Ungarn gelungen war, zogen alle 1957 weiter nach Israel. Ágnes Keleti lehrte dort 29 Jahre am Wingate Institut, der israelischen Sporthochschule in Netanja und wird Trainerin der israelischen Turnmannschaft. Nach ihrer Heirat mit dem aus Ungarn geflohenen Journalisten Robert Biro wurde sie Mutter von Daniel und Rafael.

2002 wurde Ágnes Keleti in die International Gymnastics Hall of Fame aufgenommen. 2017 erhielt sie den Israel-Preis, die höchste Auszeichnung des Staates Israel.[2]

2016 kehrte sie nach Budapest zurück, um bei ihrem Sohn Raphael (bzw. Rafael) sein zu können.[3]

Auszeichnungen

Literatur

  • Erich Kamper, Bill Mallon: Who’s Who der Olympischen Spiele 1896–1992. Who's Who at the Olympics. Agon Sportverlag, Kassel 1992 ISBN 3-928562-47-9
  • Volker Kluge: Olympische Sommerspiele. Die Chronik II. London 1948 – Tokio 1964. Sportverlag, Berlin 1998 ISBN 3-328-00740-7
  • Bernhard Torsch: Die jüdische Turnlegende, in "Dschungel." Beilage zu jungle world, 31, 2. August 2018, S. 16f. (mit Bild von 1960). Auch online lesbar.

Weblinks

Commons: Agnes Keleti – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ungarisch-israelische Turnerin feiert 100. Geburtstag. Israelnetz, 8. Januar 2021, abgerufen am 5. Februar 2021. 
  2. Holocaust survivor, 10-time Olympic medalist Agnes Keleti awarded Israel Prize. i24news, 15. Februar 2017, abgerufen am 8. Juli 2017. 
  3. Ágnes Keleti. In: Sächsische Zeitung. 9. Januar 2021. 
  4. Ungarisch-israelische Turnerin feiert 100. Geburtstag. Israelnetz, 8. Januar 2021, abgerufen am 5. Februar 2021. 
Olympiasiegerinnen am Schwebebalken

1952: Sowjetunion 1923 Nina Botscharowa | 1956: Ungarn 1956 Ágnes Keleti | 1960: Tschechoslowakei Eva Bosáková | 1964: Tschechoslowakei Věra Čáslavská | 1968: Sowjetunion 1955 Natalia Kutschinskaja | 1972: Sowjetunion 1955 Olga Korbut | 1976: Rumänien 1965 Nadia Comăneci | 1980: Rumänien 1965 Nadia Comăneci | 1984: Rumänien 1965 Simona Păuca und Rumänien 1965 Ecaterina Szabó | 1988: Rumänien 1965 Daniela Silivaș | 1992: Vereintes Team Tetjana Lyssenko | 1996: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Shannon Miller | 2000: China Volksrepublik Liu Xuan | 2004: Rumänien Cătălina Ponor | 2008: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Shawn Johnson | 2012: China Volksrepublik Deng Linlin | 2016: NiederlandeNiederlande Sanne Wevers | 2020: China Volksrepublik Guan Chenchen

Liste der Olympiasieger im Turnen

Olympiasiegerinnen am Stufenbarren

1952: Ungarn 1949 Margit Korondi | 1956: Ungarn 1956 Ágnes Keleti | 1960: Sowjetunion 1955 Polina Astachowa | 1964: Sowjetunion 1955 Polina Astachowa | 1968: Tschechoslowakei Věra Čáslavská | 1972: Deutschland Demokratische Republik 1949 Karin Janz | 1976: Rumänien 1965 Nadia Comăneci | 1980: Deutschland Demokratische Republik 1949 Maxi Gnauck | 1984: China Volksrepublik Ma Yanhong und Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Julianne McNamara | 1988: Rumänien 1965 Daniela Silivaș | 1992: China Volksrepublik Lu Li | 1996: RusslandRussland Swetlana Chorkina | 2000: RusslandRussland Swetlana Chorkina | 2004: FrankreichFrankreich Émilie Le Pennec | 2008: China Volksrepublik He Kexin | 2012: RusslandRussland Alija Mustafina | 2016: RusslandRussland Alija Mustafina | 2020: Belgien Nina Derwael

Liste der Olympiasieger im Turnen

Olympiasiegerinnen im Bodenturnen

1952: Ungarn 1949 Ágnes Keleti | 1956: Sowjetunion 1955 Larissa Latynina und Ungarn 1956 Ágnes Keleti | 1960: Sowjetunion 1955 Larissa Latynina | 1964: Sowjetunion 1955 Larissa Latynina | 1968: Tschechoslowakei Věra Čáslavská und Sowjetunion 1955 Larissa Petrik | 1972: Sowjetunion 1955 Olga Korbut | 1976: Sowjetunion 1955 Nelli Kim | 1980: Sowjetunion 1955 Nelli Kim und Rumänien 1965 Nadia Comăneci | 1984: Rumänien 1965 Ecaterina Szabó | 1988: Rumänien 1965 Daniela Silivaș | 1992: Rumänien Lavinia Miloșovici | 1996: UkraineUkraine Lilija Podkopajewa | 2000: RusslandRussland Jelena Samolodtschikowa | 2004: Rumänien Cătălina Ponor | 2008: Rumänien Sandra Izbașa | 2012: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Alexandra Raisman | 2016: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Simone Biles | 2020: Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Jade Carey

Liste der Olympiasieger im Turnen

Weltmeisterinnen am Stufenbarren

1950: Anna Petersson / Gertrude Kolar | 1954: Ágnes Keleti | 1958: Larissa Latynina | 1962: Irina Perwuschina | 1966: Natalja Kutschinskaja | 1970: Karin Janz | 1974: Annelore Zinke | 1978: Marcia Frederick | 1979: Maxi Gnauck / Ma Yanhong | 1981: Maxi Gnauck | 1983: Maxi Gnauck | 1985: Gabriele Fähnrich | 1987: Daniela Silivaș / Dörte Thümmler | 1989: Fan Di / Daniela Silivaș | 1991: Kim Gwang-suk | 1992: Lavinia Miloșovici | 1993: Shannon Miller | 1994: Lou Li | 1995: Swetlana Chorkina | 1996: Swetlana Chorkina/Alena Piskun | 1997: Swetlana Chorkina | 1999: Swetlana Chorkina | 2001: Swetlana Chorkina | 2002: Courtney Kupets | 2003: Chellsie Memmel / Hollie Vise | 2005: Nastia Liukin | 2006: Elizabeth Tweddle | 2007: Xenija Semjonowa | 2009: He Kexin | 2010: Elizabeth Tweddle | 2011: Wiktorija Komowa | 2013: Huang Huidan | 2014: Yao Jinnan | 2015: Madison Kocian / Wiktorija Komowa / Darja Spiridonowa / Fan Yilin | 2017: Fan Yilin | 2018: Nina Derwael  | 2019: Nina Derwael  | 2021: Wei Xiaoyuan | 2022: Wei Xiaoyuan | 2023: Qiu Qiyuan

Normdaten (Person): GND: 1188574086 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 121422746 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Keleti, Ágnes
KURZBESCHREIBUNG ungarische Kunstturnerin
GEBURTSDATUM 9. Januar 1921
GEBURTSORT Budapest